Robert Jungk, unser Namensgeber
Österreichischer Wissenschaftsjournalist und Zukunftsforscher, der sich in zahlreichen Schriften als Kernkraftkritiker und Atomwaffengegner profilierte. Jungk wurde am 11. Mai 1913 als Sohn einer jüdischen Künstlerfamilie in Berlin geboren. 1932 begann er dort ein Studium, wurde jedoch 1934, im Jahr nach der Machtergreifung Hitlers, ausgebürgert. Anschließend war er in Prag, Zürich und London u. a. als Korrespondent tätig. 1944 emigrierte er in die USA, wo er 1950 die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm. Erst 1967 kehrte er nach Europa zurück. In seinen publizistischen Arbeiten setzt sich Jungk immer wieder mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Technik zu ethischen Fragen auseinander. Dazu gehört vor allem seine frühe Wissenschaftskritik Die Zukunft hat schon begonnen (1952). Heller als tausend Sonnen (1956) wiederum untersucht die schuldhafte Verstrickung von Atomwissenschaftlern in den Fortgang des Krieges. In Strahlen aus der Asche. Geschichte einer Wiedergeburt (1959) schildert Jungk das Leben in Hiroshima nach dem Atombombenabwurf. Der Atomstaat (1977) beleuchtet die Gefahren moderner Großtechnologie für die demokratische Entwicklung. Mit dem Zusammenhang zwischen technischem Wandel und wachsender Staatsbürokratie befasste sich Jungk in den sechziger Jahren auch als Leiter des Berliner Instituts für Zukunftsforschung. Während dieser Zeit hatte er an der dortigen Technischen Hochschule eine Gastprofessur inne. Es entstanden Bücher wie Die große Maschine (1966) und Vom blinden zum wissenden Fortschritt (1969). Zu seinen späteren Werken gehören Der Jahrtausend-Mensch (1973), Der Aufstand gegen das Unerträgliche (1983) und Sternenhimmel statt Giftgaswolke oder Den Frieden erfinden (1987). Ende der siebziger Jahre machte sich Jungk für eine Volksabstimmung gegen Atomkraftwerke in Österreich stark. Sein politisches Engagement für den Umweltschutz fand 1992 in der Kandidatur für die österreichischen Grünen seinen Höhepunkt. Jungk starb am 14. Juli 1994 in Salzburg.
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1913 | Robert Jungk wird am 11. 5. 1913 in der Amtswohnung seines Vaters, des Dramaturgen, Schauspielers und Regisseurs Max Jungk (Künstlername für David Baum, 1872-1937) in Berlin geboren. Seine Mutter, die Schauspielerin Elli Branden (eigentlich Sara Bravo, 1885-1948), steht noch am Vorabend seiner Geburt auf der Bühne. |
1920 | Eintritt in die Sexta des humanistischen Mommsen-Gymnasiums (Berlin-Charlottenburg) |
1923-33 | Wichtiger als der Schuleintritt: die Teilnahme an der antibürgerlichen deutsch-jüdischen Jungendbewegung |
1929 | Mitarbeit im Sozialistischen Schülerbund (SSB) und der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH). |
1930 | Vorsitzender der Schulgemeinde (Schülerselbstverwaltung seiner Schule) |
1932 | Abitur (Arbeit über Ricarda Huch und die deutsche Romantik). |
1932 | Assistent des Filmregisseurs Richard Oswald. |
1932 | Immatrikulation an der Universität Berlin (Hauptfach Philosophie). |
1932 | Häufige Kontakte zum "Gegner"kreis (Harro Schulze-Boysen u.a.). |
1933 | Verhaftung am Tage nach dem Reichstagsbrand, Befreiung durch Sven Schacht, einem Neffen Hjalmar Schachts. Ein Jahr danach Ausbürgerung. Abreise ins Exil auf dem Kollektivpaß einer Skigruppe. Nach Abwarten in Seefeld (Tirol) Auswanderung nach Paris Anfang Mai 1933 |
1933-35 | Studium an der Sorbonne (Psychologie und Soziologie). Mitarbeit an Filmen von G.W. Papst, Max Ophüls, E. Charell. Mitarbeit am Dokumentarfilm über das Straßburger Münster mit Ludwig Bamberger. Gelegentlich journalistische Arbeiten bei der "Agence Europeenne de la Press", Paris. |
1935 - 36 | Ab Juni 35 Filmarbeit in Barcelona an einem Dokumentarfilm über die "Sagrada Familia". (Erhielt unter dem Titel "Simbolos Eternos" den katalanischen Staatspreis.) |
1936 | Wegen Erkrankung illegale Einreise nach Deutschland. Zusammenarbeit mit einer illegalen Artikelagentur, illegale Kurierdienste. Verbindung mit der Widerstandsgruppe "Neu Beginnen". |
1937 | Nach Auffliegen des Artikeldienstes illegal über die "grüne" Grenze in die Tschechoslowakei. In Prag ab Frühjahr 1937 kritischer Pressedienst in deutscher Sprache "heute aktuell". |
1937 | In Prag: Beginn der Freundschaft mit Peter Weiß. Gespräche u.a. über Harro Schulze-Boysen und den Widerstand in Deutschland. |
Sommer 1938 | Nach Drohungen von sudetendeutscher Seite Verlegung des Pressedienstes nach Paris. Weiterarbeit unter dem Titel "Mondial Press". Gründung des Pressedienstes "Air Mail Press" in London. |
Frühjahr 1939 | Wiederaufnahme des Studiums in Zürich (Hauptfach Geschichte). |
1939 - 45 | Von der Fremdenpolizei nichterlaubte Mitarbeit an Schweizer Zeitungen und Wochenzeitungen unter verschiedenen Pseudonymen. Besonders beachtet wurden die mit F.L. gezeichneten Artikel gegen das Dritte Reich in der "Weltwoche". |
1943 | Ausweisung und mehrmonatige Internierung. |
ab 1944 | Korrespondent des "Observer" (London) in Bern. Zusammenarbeit mit der US-Botschaft (deutsche Sendungen der "Stimme Amerikas") und Ausarbeitung von Nachkriegsplänen. Studienabschluß (Dr. phil) in Zürich. |
Ab Kriegsende (Sept. 1945) | Korrespondententätigkeit für die "Weltwoche" (Zürich). Berichterstattung aus Deutschland (u.a. Nürnberger Prozesse), Frankreich, England, Italien. |
Sept. 1946 | Sechs Wochen als Korrespondent der "Weltwoche" in den USA. |
1946-47 | Korrespondent für Schweizer Zeitungen, Hauptsitz Paris. |
1948 | Korrespondent für Schweizer Zeitungen in New York bei den UN und in Washington. |
1948 | 21.4. Heirat mit Ruth Suschitzky in Washington. Recherchen für das Amerikabuch. |
1949 | Wohnsitzverlegung nach Los Angeles, Korrespondententätigkeit für Schweizer, deutsche, holländische, französische Publikationen. |
1952 | "Die Zukunft hat schon begonnen" (Bern). |
1952 | Geburt des Sohnes Peter Stephan Jungk. |
1953 | Korrespondententätigkeit in Los Angeles. |
1954 | Recherchen für "Heller als tausend Sonnen" in Europa. |
1955 | Recherchen für "Heller als tausend Sonnen" in USA. |
1956 | Buch "Heller als tausend Sonnen" (Bern). |
1956 | Erste Reise nach Hiroshima. |
1957 | Domizil in Wien. |
1958 | Buch "Strahlen aus der Asche" (Bern). Aktive Beteiligung an der Bewegung "Kampf dem Atomtod". |
1958 | Aktiv in der Ostermarsch-Bewegung für Demokratie und Abrüstung. |
1960 | Vorsitzender der österreichischen Anti-Atombewegung. Freundschaft mit Günther Anders - "Charta der Hoffnung" (London). |
1964 | Gründung des "Instituts für Zukunftsfragen" in Wien. |
1966 | Buch "Die große Maschine" (Bern). |
1967 | Gründung von "Mankind 2000" (London) und (in Zusammenarbeit mit James Wellesley-Wesley sowie Johan Galtung) Organisation der ersten Weltkonferenz für Zukunftsforschung in Oslo. Herausgeber der Buch- Reihe "Modelle für eine neue Welt" (München) mit H. J. Mundt. |
1968 | Berufung zu Gastvorlesungen über Zukunftsforschung an die Technische Universität Berlin. |
1970 | Domizil in Salzburg. |
1970 | Ernennung zum Honorarprofessor an der TU Berlin mit Vorlesungsverpflichtung für das neue Fach "Zukunftsforschung". |
1973 | Buch "Der Jahrtausendmensch" (München). |
1977 | Buch "Der Atomstaat" (München). Mitarbeit beim Internationalen Russell-Tribunal. |
1978 | Mitherausgeber "Enzyklopädie der Zukunft". |
Ab 1980 | Aktiv in der Friedensbewegung. |
1980 | Buch "Zukunftswerkstätten" (Hamburg) mit Norbert R. Müllert. |
1982 | Buch "Menschenbeben" (München). Sprecher auf der Massenkundgebung der Friedensbewegung am 10.10. in Bonn. |
1985 | Teilnahme an der Blockade in Mutlangen. |
Okt. 1986 | Eröffnung der Robert-Jungk-Stiftung / "Internationale Bibliothek für Zukunftsfragen" in Salzburg. |
1986 | Buch "Und Wasser bricht den Stein" (Freiburg). |
Dez. 1986 | Verleihung eines "Alternativen Nobelpreises" in Stockholm. |
1987 | Nach 14jähriger Tätigkeit als Kolumnist ("Politik und Wissenschaft") bei der Zeitschrift "bild der wissenschaft" Hinauswurf wegen unliebsamer öffentlicher Äußerungen bei einer Kundgebung gegen die Plutoniumfabrik in Hanau. |
1988 | Buch "Projekt Ermutigung" (Berlin). |
1989 | Ernennung zum achten Ehrenbürger Salzburgs. |
1990 | Herausgeber "Katalog der Hoffnung - 51 Modelle für die Zukunft". |
1990 | Buch "Zukunft zwischen Angst und Hoffnung" (München). |
Dez. 1991 | Kandidatur für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. |
Juni 1992 | Verleihung des "Alternativen Büchnerpreises" in Darmstadt. |
Jänner 1993 | Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Osnabrück |
April 1993 | Autobiographie "Trotzdem. Mein Leben für die Zukunft." (München). |
Mai 1993 | Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst anläßlich des 80. Geburtstages. |
Juni 1993 | Schwere Erkrankung. |
14. Juli 1994 | Robert Jungk stirbt in Salzburg. Beisetzung auf dem Jüdischen Friedhof in einem Ehrengrab der Stadt Salzburg |
(Von ihm selbst verfasst und ergänzt von Walter Spielmann)